Clemens Alexander Wimmer

Vor 400 Jahren erschien das erste Gartenkunstbuch der Welt

Zandera 12 (1997), Nr. 2, 49-52

Gartenkunstbuch The Thuringian clergyman John Peschel's very rare „Gartenordnung“ was published 400 years ago (1597) as the world's first instruction devoted exclusivly to garden design. The author regards shortly its contents and the previous garden literature.

Pfarrer Johann Peschel aus Orlishausen, einem Dorf bei Sömmerda in Thüringen, ließ 1597 in Eisleben ein bahnbrechendes Buch drucken. In dieser Zeit gab es noch kaum Gartenbücher. Die ersten Gartenbücher waren lateinische Traktätlein, die der Pariser Verleger seit 1536 herausgebracht hatte und die wegen großer Nachfrage mehrfach neu aufgelegt, bearbeitet, 1564 unter dem Titel L'Agriculture ou La maison rustique zusammengefaßt und in die wichtigsten Sprachen übersetzt worden. 1580 erschien die erste deutsche Ausgabe. Dieses Werk behandelt zwar Pflanzen und Gärten, aber nicht eigentlich Gartengestaltung, denn es war ursprünglich ohne Abbildungen. Spätere Verleger fügten zwar einige Gartenpläne hinzu, ein direkter Zusammenhang zum Text bestand jedoch nicht.

Auch die anderen Gartenbücher des 16. Jahrhunderts befaßten sich überwiegend mit Pflanzen und kaum mit Gartenkunst. Vielen lagen wesentliche ältere Texte zugrunde, so besonders die antiken und mittelalterlichen Schriften des Dioskurides, Palladius, Plinius, Albertus Magnus und Pietro de' Crescenzi. Dies war auch der Fall bei den ersten deutschsprachigen Gartentraktaten, Johann Domitzers Ein newes fast huebsch unnd nutzliches Pflantzbuechlin (1529) und dem Pflantzbuechlin der Lustgaerten (Frankfurt a.M. 1562). Eigenständigere Werke waren Benoit Le Courts Hortorum libri triginta (Lyon 1560), Thomas Hills Most brief and pleasant treatyse, teaching howe to dress, sowe, and set a garden (London 1563), Conrad Heresbachs zweites Werk Rei rusticae libri IV (Köln 1570), Antoine Mizalds Hortorum secreta (Paris 1574) sowie dessen Historia hortensium (Köln 1576), Giambattista della Portas Villae libri XII (Neapel 1584) und Marco Bussatos Giardino di agricoltura (Venedig 1592). Wir schweigen hier über die bekannten Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts von Hieronymus Bock, Otto Brunfels, Rembert Dodoens, Tabernaemontanus, Lonitzer usw., auch über Conrad Gesners Horti Germaniae (1560), wo Gartengestaltung überhaupt kein Thema ist. Eine dritte Gruppe von Gartenbüchern behandelte den Garten nur als theologische Metapher, so Justus Lipsius' De Constantia libri duo (Lyon 1584) und Martin Mylius' Hortus philosophicus (Görlitz 1597).

Ganz der Gartenkunst gewidmet waren zwar Hans Vredeman de Vries' berühmte und künstlerisch hochwertige Hortorum viridariorumque elegantes et multiplices formae (1583), die aber mangels Text mehr eine Sammlung von Musterstichen als ein Buch anzusehen sind.

Pfarrer Peschel betrat daher völliges Neuland, als er sich entschloß, die Erfahrungen aus seiner langjährigen Nebentätigkeit als Gartengestalter befreundeter Grundbesitzer in der Umgebung seines Dorfes, das damals zu Kursachsen gehörte, zu veröffentlichen. Er säumte nicht, auf das Laienhafte seines Unternehmens hinzuweisen, da er kein Künstler wäre, entschuldigte sich aber völlig zu recht damit, daß es ja sonst keine Bücher zum Thema Gartengestaltung gäbe.

Sein Buch gibt uns heute, wo kaum noch aussagekräftige Zeugnisse über Entwurf und Ausführung von Renaissancegärten vorhanden sind, die einmalige Gelegenheit, die damalige Vorgehensweise genau studieren zu können. Die Grundform war das quadratische Beetfeld, das Peschel „Gartenordnung“ nennt, selten auch ein Kreis, das von Spalieren eingefaßt und in erhöhte Beete unterteilt war. Größere Gärten setzten sich aus mehreren solcher Beetfeldern zusammen. Auch einige unregelmäßig begrenzte Gärten sind abgebildet. Peschels Hochbeete leiten sich aus dem Mittelalter, sind aber rechtwinklig, teilweise auch diagonal und konzentrisch angeordnet, so daß sich in jedem Beetfeld ein dekoratives Muster ergibt, das um den Mittelpunkt spiegelsymmetrisch ist. Kompliziertere und modernere Beetformen, d.h. Knotenbeere und Broderien, wie sie in anderen Gegenden schon üblich waren, verwendete Peschel noch nicht.

Auf viele andere interessante Details, wie über den Bau von Spalieren und Laubengänge oder die Bepflanzung des Obstgartens, möchten wir hier nicht eingehen, sondern empfehlen, gegebenenfalls das Buch selbst zu konsultieren. Es ist außerordentlich selten. Uns sind nur vier Exemplare in Göttingen, Halle Dresden und Darmstadt bekannt. Wegen der Bedeutung des Buches wurde 2000 im Verlag Dr. Alfons Uhl ein Nachdruck herausgegeben.