Friedrich Sello, also spelled Sellow (1789-1831) came from a family of royal head gardeners at Potsdam. He collected plants in Brasil, many of them new to science, and introduced them into cultivation in Europe via Berlin. Among these were Salvia splendens, Begonia semperflorens, Petunia axillaris and Cortaderia selloana.
Die Hofgärtnerfamilie Sello genießt eine gewissen Berühmtheit zumindest in Potsdam. Weniger bekannt, aber von Bedeutung für ganz Europa sind die Verdienste eines Sprosses dieser Familie bei der naturwissenschaftlichen Erforschung des südlichen Brasilien und des heutigen Uruguay sowie bei der Einführung südamerikanischer Pflanzen nach Europa. Es handelt sich um Friedrich Sello, den ältesten Sohn des königlichen Hofgärtners im Marlygarten, Carl Julius Samuel Sello und dessen Ehefrau Friederike Wilhelmine Albertine geb. Lüder, der ältesten Tochter des königlichen Hofküchenmeisters Johann August Lüder.
In Potsdam geboren und am 12. März 1789 in der Garnisonkirche getauft, erlernte er nach dem Schulbesuch beim Hofplanteur Johann Wilhelm Sello in Sanssouci, einem Verwandten, den Gärtnerberuf. Zunächst war er im Botani-schen Garten Berlin tätig, wo er, von dessem Direktor Professor Carl Ludwig Willdenow sehr gefördert, seine Kenntnisse weiter vertiefen konnte.
Um sich zum wissenschaftlichen Gärtner auszubilden, waren damals Auslands-aufenthalte unumgänglich, und so ging Friedrich Sello, mit Empfehlungen von Willdenow ausgestattet, 1810 nach Paris. Dort erfuhr er Unterstützung von Alexander v. Humboldt, hörte bei führenden Gelehrten wie Cuvier und Lamarck naturwissenschaftliche Vorlesungen und widmete sich dem Studium der reichen botanischen Schätze des Jardin des Plantes. Auf Anraten und mit finanzieller Hilfe von Humboldt reiste er 1811 über Holland nach England, wo er im Herbarium bei Dr. John Sims, dem damaligen Herausgeber des Botanical Magazine, arbeitete und in Kontakt mit den führenden Botanikern Englands kam. Da die erneut ausgebrochenen napoleonischen Kriege seine Rückkehr in das kontinentale Europa verhinderten, schlug ihm der russische Konsul v. Langsdorff, der damals als Diplomat nach Rio de Janeiro versetzt wurde, eine Forschungs-reise nach Brasilien vor. Sello ging auf diesen Vorschlag ein. Nach eingehenden Vorbereitungen und von englischen Botanikern mit Geldmitteln ausgestattet, brachte ihn im Frühjahr 1814 ein Segelschiff nach Rio de Janeiro.
Brasilien, zu dieser Zeit noch portugiesische Kolonie, seit 1822 aber ein selbstständiges Kaiserreich unter dem vormaligen portugiesischen, mit einer österreichischen Prinzessin verheirateten Kronprinzen Dom Pedro, war bemüht, ausländische Fachleute zur naturwissenschaftlichen Erforschung seines Territo-riums ins Land zu holen. So erhielt auch Sello alsbald seitens der brasilianischen Regierung ein auskömmliches Jahresgehalt als ‘Naturalista pensionario’. Durch einige kleinere Streifzüge in die Umgebung von Rio de Janeiro machte sich Sello, der sich in Brasilien „Sellow“ schrieb, mit der dortigen Pflanzenwelt bekannt und erlernte die portugiesische Sprache. Zunächst schloß er sich der von 1815 bis 1817 dauernden Expedition des deutschen Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied als Botaniker an. Hierbei entdeckte er u.a. die Scharlach-Salbei (Salvia splendens Sello ex Nees).
Eine von Sello verfaßte Beschreibung der Art veröffentlichte Nees v. Esenbeck in dem 1823/24 erschienenen Reisebericht. Mehr als 150 Jahre hindurch galt dies als die Erstbeschreibung der Art, bis man vor kurzem auf eine noch frühere stieß, so daß als Erstautoren jetzt Buc’hoz ex Etl.gelten. Sello hatte von ihm gesam-melte Herbarexemplare auch nach London geschickt, dort kamen sie in das Herbarium von A.B. Lambert, Vizepräsident der Linnean Society. Bald darauf gelangten durch den englischen Gärtner und Pflanzensammler James Lee auch Samen oder lebende Pflanzen nach England, wo das Botanical Register in seinem 8. Band 1822 eine Beschreibung und eine farbige Abbildung der Art unter den Namen Salvia splendens, Lee’s Scarlet Sage, veröffentlichte. Von England aus kam die Art dann auch nach Deutschland und ist hier seit langem eine häufige Zierpflanze sommerlicher Blumenrabatten.
In der Folgezeit unternahm Sello, hierbei auch durch finanzielle Beihilfen des preußischen Staates abgesichert, zahlreiche eigene Expeditionen durch die südli-chen Regionen Brasiliens und das seit 1828 eigenständige Uruguay. Zu Pferd und mit einheimischen Begleitern und Maultieren durch diese damals noch unweg-samen und kaum bekannten Gebiete unterwegs, sammelte er Pflanzen, Samen und Holzproben, ferner Insekten und andere Tiere sowie Mineralien, fertigte über alles Notizen und Aufzeichnungen an und schenkte seine Aufmerksamkeit auch den Sprachen der dortigen Eingeborenen. Seine Aufsammlungen leitete er zur weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung Museen und Botanischen Gärten in Brasilien, Portugal und England, später aber hauptsächlich dem Naturkunde-museum und dem Botanischen Garten in Berlin zu. Insgesamt hat er Tausende von Pflanzenarten, aber auch zahlreiche Tierarten und Mineralien neu entdeckt .
Dem Botanischen Garten in Berlin schickte er von Porto Alegre aus nicht nur getrocknete Pflanzen, Früchte und Samen, sondern auch lebende Pflanzen zu. Kurios ist, daß dabei auch zwei bekannte Zierpflanzen eigentlich unbeabsichtigt nach Deutschland gelangten. Aus der Erde von Pflanzballen keimte in Berlin eine neue Begonien-Art auf, die von Professor Link und Garteninspektor Otto 1828 als Begonia semperflorens beschrieben wurde. Neuerdings wird diese Sippe als var. hookeri (A.DC.) L.B. Sm. et Schub. zu der bereits 1805 von Carl Ludwig Willdenow beschriebenen Begonia cucullata gestellt. Inzwischen züchterisch weiterentwickelt, gehören die Immerblühenden Begonien, in Brandenburg ‘Eis-blumen’ genannt, heute zu den häufigsten Sommerblumen der Parkrabatten, Balkonkästen und Grabstellen.
1823 zog man im Berliner Botanischen Garten aus Samenkörnern eines von Friedrich Sello in der Umgebung von Montevideo zusammengetragenen Herbars die weißblühende Petunia nyctaginiflora Juss. (heute P. axillaris (Lam.) B.S. P.) auf, eine der Stammeltern unserer heutigen Balkonpetunien. Zu den vielen Entdeckungen Sellos gehört auch das Pampasgras, 1827 von den östereichischen Botanikern Joseph August und Julius Herrmann Schultes als Arundo selloana beschrieben, 1900 aber von den Berliner Botanikern Ascherson und Graebner der 1897 von O. Stapf aufgestellten Gattung Cortaderia zugeordnet. 1843 wurde es in Europa eingeführt. Obwohl seine Durchwinterung in Mitteleuropa nicht ohne Probleme ist, kann man dieses hochwüchsige Gras heute bei uns schon vielerorts als attraktive Schmuckpflanze antreffen. Der Name Sello bzw. Sellow ist auch in zahlreichen weiteren Pflanzennamen vertreten, so z.B. im Namen der bereits 1818 von Humboldt und Bonpland aufgestellten Pflanzengattung Selloa, deren Namengebung Humboldt wie folgt begründete: „Genus dicatum viro amicisissi-mo, C. Sello, peregrinatori germano, Brasiliam adhuc lustranti, qui herbaria hortosque botanicos plantis exquaesitis mirabiliter auxit.“1
Leider fand das überaus erfolgreiche, wenn auch mit großen Strapazen und Entbehrungen verbundene Forscherleben Friedrich Sellos ein jähes Ende. Im Oktober 1831 ertrank der unermüdliche Reisende im Rio Dolce, erst 42 Jahre alt. Sein vielseitiges Wirken für die Wissenschaft blieb in Brasilien bis heute unvergessen und wird dort auch durch den Namen der in Itajai im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina herausgegebenen botanischen Zeitschrift Sellowia wach-gehalten.
Dr. habil. H.-D. Krausch
Charlottenstr. 32
14467 Potsdam
Quellen
Herter, W.: Auf den Spuren der Naturforscher Sellow und Saint-Hilaire. In: Botan. Jb. 74 (1945), S. 119-121
Humboldt, A. v.: Nova genera et species plantarum quas in peregrinatone orbis novi collegerunt, descripserunt, partim adumbraverunt Amatus Bonpland et Alexan-der de Humboldt. Vol. III, Paris 1818, S. 256-265
Link, H. F. & F . Otto: Icones plantarum rariorum Horti Regii botanici Berolinensis cum descriptionibus et colendi ratione, Pars I, Berlin 1828
Urban, I.: Biographische Skizzen. 1. Friedrich Sellow (1789 -1831). In: Botan. Jb. 17 (1893), S. 177-198
Wimmer, Clemens A.: Die Preußischen Hofgärtner. Potsdam 1996
Berlin, Geheimes Staatsarchiv PK, VIII. HA., MKB 580 (Kirchenbuch der Potsdamer Garnisonkirche, jetzt Fiche Nr. 1206), S. 270